Vielleicht kommt man sich zum ersten Mal im Leben so richtig erwachsen, ernstgenommen und wichtig vor, wenn man im Alter von neun Jahren für die Kommunion-Feier eingekleidet wird. Gerade den kleinen Mädchen, die wohl seit jeher mehr Wert auf ihr Äußeres legen, bleibt das festlich-elegante Auftreten in weißen Kleidern, die manchmal fast an kleine Brautkleider erinnern, noch lange in positiver Erinnerung. Also sollten wir uns mit diesem wichtigen Tag im jungen Leben der Kinder einmal näher befassen.
Huckarder Verhältnisse
In Huckarde fand sich die katholische Kirchengemeinde traditionell am Weißen Sonntag in der St. Urbanus-Kirche ein, auch wenn man in der Vergangenheit mit diesem Datum nicht nur positive Erinnerungen verband, weil im Jahr 1688, ausgerechnet am Weißen Sonntag, eine der schlimmsten Feuersbrünste in der Huckarder Geschichte die gesamte „Bürgerei“ mit ihren kleinen Fachwerkhäusern vernichtet hatte. Doch dieser erste Sonntag nach Ostern wurde in Huckarde damals als festes Datum angesehen. An diesem Festtag spendete der Pfarrer das Sakrament der heiligen Erstkommunion und führte die jungen Menschen dadurch in die Gemeinschaft der Gläubigen ein.
Die Drittklässler, die vom Pfarrer im speziellen Kommunion-Unterricht auf den Tag vorbereitet worden waren, waren sehr aufgeregt und fieberten dem Geschehen, besonders auch dem ersten Gang in den ungewohnten Beichtstuhl, eher zurückhaltend, ja manchmal ängstlich entgegen. In den Jahren bis zur baulichen Erweiterung der alten und für den gewachsenen Ort viel zu kleinen Kirche, waren die Messfeiern ohnehin nicht mit den späteren Kirchgängen zu vergleichen. Man betrat das von schiefen Fachwerkhäuschen und Mistgruben umgebene Kirchlein – die Frauen und Mädchen von der Nordseite, die Männer und Knaben von der Südseite aus.
Drinnen erwartete die Gläubigen ein eher dunkler und schmuckloser Kirchenraum, in dem es, wie damals in vielen Gotteshäusern üblich, nicht einmal Kirchenbänke gab. Die Gläubigen hörten die Predigt und verfolgten die Gabenzubereitung im Stehen, knieten auf dem Steinboden und begaben sich zum Abendmahl nach vorn zum Hochaltar, um sich auf dem Rückweg vor der Schnitzfigur des St. Urbanus, die auf dem Seitenaltar stand, zu bekreuzigen.
Auf Drängen des Pfarrers Johannes Hermann Bathe wurde dann ab den 1880er Jahren die Kirche um einen Fachwerkanbau erweitert und im Jahr 1897 mit einem repräsentativen Um- und Anbau begonnen. Daraufhin sollte alles viel schmuckvoller und großzügiger werden. Jeder im Ort begegnete also auf seine Weise diesem Festtag und bereitete sich darauf vor, etwa durch eine sorgsame Auswahl der Kleidung, die man vorzugsweise im gutsortierten Fachgeschäft der jüdischen Familie Baum, gelegen an der Marienstraße unweit der Kirche, kaufte.
Manch einem Haushalt gelang es dagegen auch, die meist knappgefüllte Haushaltskasse zu entlasten, indem man auf bereits getragene Kleidung der Geschwister, Verwandten oder Nachbarn zurückgreifen konnte. Und anständig gekleidet sein sollten ja schließlich alle Kommunionkinder, denn spätestens beim feierlichen Einzug der Kinder in den Kirchenraum achtete jedermann auf saubere und gut sitzende Kleider und Anzüge.
Die Kinder begaben sich zu ihren festgelegten Sitzplätzen in den vorderen Reihen der Kirchenbänke, begleitet von ihren, damals noch oft als „Fräulein“ angesprochenen, Lehrerinnen. Nach dem Empfang des Sakramentes in der Messe trafen sich die Familien und ihre Festgäste in den Privathaushalten, selten in den örtlichen Gastronomiebetrieben, und feierten bei einem guten Essen, bei Kaffee und Kuchen. Den Hausfrauen brachte man, als Dank für die Einladung, traditionell, große Pflanzschalen mit blühenden Hortensien in Weiß, Violett oder Blau mit. In Huckarde bezeichnete man diese Pflanzen deshalb sogar schon als „Kommunion-Blumen“ und diese waren in den Vorgärten weit verbreitet. Den Kommunion-Kindern schenkten die Eltern, neben den Gewändern, meist verzierte Kerzen, die Paten häufig Gebetbücher, Rosenkränze oder andere Gaben mit religiösem Bezug, wie Kreuze oder Anhänger. Von der Gemeinde erhielten die neuen Gemeindemitglieder Heiligenbilder oder Kreuze aus Bronzeguss. Am Nachmittag begaben sich die Kinder mit ihren Eltern und weiteren Verwandten zur Dankesvesper erneut in die Kirche.
Eine weitere Gelegenheit, die festliche Kleidung, soweit sie noch passte, zu tragen, war die Teilnahme der Kommunion-Kinder an der Huckarder Prozession am Pfingstmontag. Dabei folgten – streng geordnet – zuerst die Mädchen, dahinter die Jungen, und an prominenter Stelle des Zuges alle Gemeindemitglieder der Monstranz und beteten an den Sakraments-Stationen.
Protestantische Christen gab es in Huckarde kaum und so mussten die wenigen evangelischen Jugendlichen zur Feier der Konfirmation in die Schlosskirche nach Bodelschwingh gehen, bis im Jahr 1898 die ev. Kirche am Huckarder Wengeplatz geweiht wurde. Traditionell kleideten sich die Konfirmanden schwarz, aber festlich. Ursprünglich beschenkte man die Konfirmanden mit in Leder gebundenen Bibeln, in die Namen oder das Datum der Feier eingeprägt worden waren. Aufgrund des Alters der Konfirmanden schenkte man zu diesem Anlass den Jungen später gern die erste eigene Armbanduhr und den Mädchen Schmuck oder zur Aussteuer passende Gegenstände, wie Besteckteile.